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Artikel ASJ Aktuell - Stuttgart 21- Rechtsfragen zur Volksabstimmung

Veröffentlicht in Arbeitsgemeinschaften

Auch in unserer letzten AJS- Landesvorstandssitzung war Stuttgart 21 das beherrschende Thema. Als Juristen hat uns dabei interessiert, wie eine Volksabstimmung zustande kommen kann und ob überhaupt die rechtliche Möglichkeit besteht, Stuttgart 21 zu stoppen.

Zur Frage der Volksabstimmung gibt es eine eindeutige Regelung in der Landesverfassung: Nach Art. 60 Abs. 3 der Landesverfassung kann die Landesregierung auf Antrag eines Drittels der Landtagsmitglieder eine Gesetzesvorlage zur Volksabstimmung bringen, wenn diese zuvor von ihr eingebracht wurde, aber vom Landtag abgelehnt wurde.

Die schwarz-gelbe Landesregierung (bzw. nach unserem Wahlsieg eine rot-grüne Landesregierung) müsste also ein Gesetz in den Landtag einbringen, indem die Kündigung der Finanzierungsvereinbarung und die Zahlung der voraussichtlich hohen Entschädigungszahlungen geregelt ist. Dort müsste es abgelehnt werden und sich ein Antrag auf Durchführung einer Volksabstimmung von mindestens einem Drittel der Landtagsabgeordneten anschließen. Da die Landesverfassung hier eindeutig ist, ist nicht nachvollziehbar, weshalb an diesem Weg verfassungsrechtliche Zweifel bestehen können. Sicherlich ist es politisch unwahrscheinlich, dass die schwarz-gelbe Landesregierung über ihren Schatten springt und entgegen ihrer politischen Linie ein Ausstiegsgesetz einbringt. Verfassungsrechtlich hat jedoch die Motivation für die Einbringung eines Gesetzes keine Rolle zu spielen. Deshalb wäre es verfassungsrechtlich unproblematisch, wenn eine Landesregierung gegen ihre eigene politische Überzeugung ein Gesetz einbringt mit dem Ziel, es einer Volksabstimmung zuführen zu können.
Schwieriger zu beantworten ist die Frage, ob für den Fall, dass eine Volksabstimmung eine Mehrheit für einen Ausstieg ergibt, ein solcher rechtlich überhaupt möglich wäre. Denn kei-nesfalls kann eine Volksabstimmung die bestehende rechtskräftige Baugenehmigungen oder Planfeststellungsbeschlüsse aufheben. Die einzige denkbare Möglichkeit, Stuttgart 21 zu stoppen, besteht nach Ansicht von Prof. Wieland (Hochschule für Verwaltungswissenschaf-ten Speyer, seine Einschätzung ist auf www.volksabstimmung21.de zu sehen) darin, dass eine Volksabstimmung die Landesregierung zur Kündigung der Finanzierungsvereinbarung verpflichtet.

Abgesehen von den hierdurch entstehenden erheblichen Schadensersatzforde-rungen ergibt sich dabei nun die entscheidende Frage, ob eine solche Kündigung überhaupt möglich ist. Die Antwort hierauf gibt die Vorschrift des § 60 Abs. 1 VwVfG, in der recht hohe Hürden für die Vertragskündigung vorgesehen sind: Danach ist die Kündigung eines öffent-lich-rechtlichen Vertrages zum einen dann möglich, wenn einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht mehr zumutbar ist, weil sich seit Ver-tragsabschluss die für die Festsetzung des Vertragsinhaltes maßgebenden Verhältnisse we-sentlich geändert haben. Sollte sich ergeben, dass die Kosten wie von den Gegnern von Stutt-gart 21 dargestellt enorm explodieren, so könnte dies eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse darstellen und zur Kündigung berechtigen. In welchem Ausmaß eine solche Kostenüberschreitung aber eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 60 VwVfG darstellt, ist gesetzlich nicht geregelt und in der Rechtsprechung noch nicht behandelt worden.

Des Weiteren kann ein öffentlich-rechtlicher Vertrag durch eine Behörde gekündigt werden, um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen. Nach Ansicht von Prof. Wieland könnte ein solcher schwerer Nachteil darin gesehen werden, dass sich die Bevölkerung gegen Stuttgart 21 ausspricht. Wenn diesem Ergebnis der Volksabstimmung widersprochen würde, steht das Vertrauen der Bürger in das staatliche Handeln auf dem Spiel. Prof. Wieland argumentiert zudem, dass eine Volksabstimmung eine demokratische Entscheidung ist, deren Ablehnung allein aufgrund der demokratischen Entstehungsweise ein Nachteil für das Allgemeinwohl ist. Auch diese Frage der Kündigung des Vertrages aufgrund eines Volksentscheides wäre jedoch juristisches Neuland.
Fazit: Die rechtlichen Hürden zur Kündigung der Finanzierungsvereinbarung sind enorm hoch. Ein Volksentscheid ist aber in der Landesverfassung ausdrücklich vorgesehen und deshalb sind verfassungsrechtlichen Bedenken nicht nachvollziehbar. Letztlich gehört schon ein großes Maß an Unverfrorenheit dazu, unseren Vorschlag einer Volksabstimmung aus rechtlichen Gründen abzulehnen. Zumal diese Bedenken ja gerade von CDU und FDP kommen, die seit Jahrzehnten die von uns immer wieder geforderten Vereinfachungen zur Durchführung von Volksentscheiden abgeblockt haben. Dass ausgerechnet die CDU und FDP nun sagen, die Landesverfassung stünde einem Volksentscheid leider entgegen, ist der Gipfel der Scheinheiligkeit.

Im ASJ-Landesvorstand waren wir uns jedenfalls einig, dass die Volksabstimmung der richtige Weg ist, um die völlig verfahrene Situation zu entspannen.

 

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